Es gibt diese Momente: Du merkst, wie sich deine Brust anspannt, dein Atem schneller wird und das heiße Kribbeln in deinem Körper aufsteigt. Und plötzlich ist sie da: die Wut.
Aber was machen wir mit ihr? Schieben wir sie weg, weil sie unangenehm ist? Oder lassen wir sie raus, ohne zu wissen, wie wir sie bändigen können? Viele von uns sind mit widersprüchlichen Botschaften über Wut aufgewachsen: "Schrei doch nicht so!" einerseits – und gleichzeitig: "Du musst dich durchsetzen!" Kein Wunder, dass wir oft nicht wissen, wie wir mit der kraftvollen Energie der Wut umgehen sollen.
In diesem Artikel möchte ich dich einladen, Wut einmal anders zu betrachten: als deine Freundin. Als deine Verbündete, die dir signalisiert, dass etwas nicht stimmt – und als eine Kraftquelle, die dir helfen kann, deine Grenzen zu wahren und wieder mehr in Balance zu kommen. Ich erzähl dir die Geschichte von Anna, die zeigen möchte, wie transformative Wut sein kann.
Annas Reise zur Freundschaft mit ihrer Wut
Anna, 36 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und erfolgreiche Marketingmanagerin, kam zu mir in die Beratung, weil sie sich in einer Sackgasse fühlte. "Ich werde ständig so wütend – auf meine Kinder, meinen Partner, meine Kolleg:innen. Und dann fühle ich mich schuldig. Ich verstehe mich selbst nicht mehr."
Im Laufe unserer Gespräche wurde klar: Annas Wut war nicht das Problem. Sie war ein Symptom. In ihrem hektischen Alltag hatte Anna es sich zur Aufgabe gemacht, allen gerecht zu werden – außer sich selbst. Sie ignorierte ihre eigenen Bedürfnisse, überging ihre Grenzen und funktionierte nur noch. Ihre Wut war ein Schrei ihres Nervensystems: "Hey, ich brauche dich! Schau mal hin, hier läuft etwas falsch!"
Bild von mir aus dem Projekt "die Wut ist weiblich" von Rosa Engel
Was ist Wut? Dein Nervensystem in Aktion
Wut ist eine natürliche Reaktion deines Körpers, wenn du eine Bedrohung oder Ungerechtigkeit wahrnimmst. Sie aktiviert dein sympathisches Nervensystem, setzt Adrenalin frei und bereitet dich auf Kampf oder Flucht vor. Dein Herz schlägt schneller, deine Muskeln spannen sich an, und dein Körper ist bereit, zu handeln.
Doch was passiert, wenn wir diese Energie ignorieren? Genau das war Annas Problem: Sie hatte nie gelernt, auf die Signale ihres Körpers zu hören. Stattdessen hatte sie ihre Wut unterdrückt, bis sie irgendwann explosionsartig aus ihr herausbrach – oft in Momenten, in denen es ihr hinterher sehr leid tat. Das führte zu Schuldgefühlen und einer sich immer enger anfühlenden Spirale aus innerer Anspannung und Selbstvorwürfen.
Wut als Deckmantel: Was liegt darunter?
In Annas Fall lag unter ihrer Wut eine tiefe Erschöpfung und eine unbewusste Angst, nicht genug zu sein. Häufig macht uns Wut darauf aufmerksam, dass wir - vielleicht schon längere Zeit -'leisere' Emotionen wie Trauer, Angst oder Scham nicht beachtet haben. Man könnte sagen: Dann ist die Wut eine Art sekundäre Emotion. Diese Wut möchte uns mobilisieren, bevor wir womöglich gar nichts mehr können. Da wir oft nicht gelernt haben, gesund mit der Wut umzugehen, macht uns das häufig Angst.
Und jahrelang angeeignete Kompensationsstrategien funktionieren dann auf einmal nicht mehr.
Ich lud Anna ein, ihrer Wut neugierig und aus einem regulierten Nervensystemzustand zu begegnen, anstatt sie wegzuschieben oder zu verurteilen. Gemeinsam entdeckten wir, dass ihre Wut ein wertvoller Hinweisgeber war – wie ein innerer Kompass, der sie auf ihre unerfüllten Bedürfnisse aufmerksam machte.
Warum es wichtig ist, Wut körperlich rauszulassen
Wut ist nicht nur ein Gedanke oder ein Gefühl – sie ist auch eine körperliche Erfahrung. In Annas Fall äußerte sich das in einer konstanten Anspannung im Kiefer, Nacken- und Schulterschmerzen und einem Gefühl von Rastlosigkeit.
"Wir finden jetzt Wege, wie du deine Wut abfließen lassen kannst", erklärte ich ihr. Wut, die im Körper stecken bleibt, kann sich in psychosomatischen Beschwerden manifestieren – oder irgendwann in einem unkontrollierten Ausbruch entladen.
Ich stellte ihr einfache Methoden vor, um die aufgestaute Energie sicher freizusetzen zum Beispiel:
Schütteln: Anna lernte, ihre Arme und Beine auszuschütteln, wenn sie spürte, dass die Wut hochkam. Das half ihr, die Spannung loszuwerden, ohne dabei anderen zu schaden.
Schatten-Boxen: Nach links und rechts - diagonal zur eigenen Körperachse boxen.
Bewegung: Durch schnelles Laufen, Tanzen oder Stampfen
Atemübungen: Verschiedene Atemübungen, die ganzheitlich regulierend wirken
Anna war überrascht, wie befreiend diese einfachen Übungen waren. Zum ersten Mal fühlte sie sich im direkten Kontakt mit ihrer Wut nicht mehr ausgelaugt, sondern gestärkt. Mit und mit machte sie korrigierende Erfahrungen - Sie fühlte sich immer seltener in die Wut hineingesogen, sondern konnte sich um ihre Wut. Oder auch die inneren Anteile, die wütend waren, kümmern.
Das machte einen riesigen Unterschied zu mehr Selbstwirksamkeit im Umgang mit den eigenen Gefühlen.
Bild von mir aus dem Projekt "die Wut ist weiblich" von Rosa Engel
Wut als Freund: Wie du die frühen Anzeichen wahrnimmst
Ein entscheidender Schritt war, dass Anna lernte, die körperlichen Vorboten ihrer Wut zu erkennen. Gemeinsam identifizierten wir ihre "Frühwarnsignale": ein schnellerer Herzschlag, das Gefühl, "unter Strom zu stehen", und ein flacher Atem.
"Wenn du diese Signale bemerkst, lade deine Wut ein, mit dir zu sprechen", schlug ich vor. "Sag ihr: Danke, dass du mir Bescheid sagst, dass hier etwas nicht stimmt. Was willst du mir zeigen?" Anna begann, ihre Wut als Verbündete zu sehen, die sie darauf hinwies, wann ihre Grenzen verletzt wurden, sie sich überfordert fühlte und/oder sogar Wut aktiviert wurde, die an nicht verarbeitete Traumata/Hoch-Stress-Erlebnisse gekoppelt war, und gar nichts mit dem "Hier und Jetzt" zu tun hatte.
Was passiert, wenn wir Wut unterdrücken?
Anna erkannte, dass das Unterdrücken ihrer Wut sie in einen ständigen Zustand von innerer Anspannung versetzt hatte. Dieser Druck zeigte sich in Form von Erschöpfung, Rückenschmerzen, Müdigkeit, Kopfschmerzen und einer ständigen Gereiztheit, die sie nicht erklären konnte.
Wut ist wie ein Staudamm: Hältst du die Emotion zurück, staut sich die Energie auf, bis sie irgendwann unkontrolliert ausbricht. Indem Anna lernte, ihre Wut bewusst wahrzunehmen und auszudrücken, konnte sie diesen Kreislauf durchbrechen.
Annäherung statt Ablehnung: Wut als Transformationskraft
Nach einigen Wochen berichtete Anna: "Ich bin das erste Mal seit Jahren wirklich stolz auf mich. Ich kann meine Wut jetzt spüren, ohne von ihr überrollt zu werden. Ich merke früher, wann ich mich überfordert fühle, und kann etwas ändern, bevor ich explodiere."
Annas Geschichte zeigt, dass Wut keine destruktive Kraft sein muss. Sie kann eine Transformationskraft sein, die uns hilft, wieder mit uns selbst in Verbindung zu kommen. Indem wir unserer Wut Raum geben, sie regulieren und verstehen, lernen wir, uns selbst und unsere Bedürfnisse besser wahrzunehmen.
Dein Take-away: So machst du die Wut mit und mit zu deiner Freundin
Erkenne die Vorboten: Was passiert in deinem Körper, wenn du wütend wirst? Atem? Muskelspannung? Herzschlag?
Bedanke dich bei deiner Wut: Sie ist ein Hinweis, dass eine Grenze überschritten wurde oder ein Bedürfnis unerfüllt ist.
Lass die Energie raus: Boxen, schreien, schütteln – was immer dir hilft, deine Wut körperlich abzubauen.
Reflektiere danach: Welche Botschaft wollte dir deine Wut senden?
Wut ist eine Einladung, hinzuschauen und Verantwortung für unsere Bedürfnisse zu übernehmen. Indem wir uns mit unserer Wut versöhnen, schaffen wir Raum für echte Klarheit und innere Stärke.
Also: Lade deine Wut ein – und lass sie zu deiner stärksten Verbündeten werden.
Mehr zu dem Projekt "Die Wut ist weiblich" von Rosa Engel:
Im Rahmen dieses Blogartikels freue ich mich so sehr, die beeindruckenden Fotografien aus dem Projekt „Die Wut ist weiblich“ von Rosa Engel einbinden zu dürfen. Mit diesem kraftvollen Projekt ist Rosa ihrem Herzens-Anliegen gefolgt, die weibliche Wut aus der Tabu-Zone zu holen und sichtbar zu machen – ein Anliegen, das in unserer Gesellschaft nach wie vor so wichtig ist.
Rosa hat mit ihrer Arbeit eine Bühne geschaffen, auf der Frauen ihre Wut in ihrer vollen Stärke und Schönheit zeigen können, frei von Scham und Stigma. Es macht mich auf gute Art so richtig stolz, Teil dieses Projekts zu sein, und ich möchte mich von Herzen bei Rosa für ihre inspirierende Vision und die Möglichkeit bedanken, mit ihr zusammenzuarbeiten.
Mehr über „Die Wut ist weiblich“ erfahrt ihr auf Rosas Projektseite: klick auf den Link.
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Deine Eva
*Heilpädagogische Praxis für Traumaintegration und Potenzialentfaltung*
Als Trauma- & Heilpädagogin und Coach für neurosystemische Integration unterstütze ich Menschen seit 2002 auf ihrem Weg zu mehr Lebensfreude und Leichtigkeit.
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P.s.: Du hast noch Fragen? Bitte schreib mich an!
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